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bufaS: Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Stellungnahme der Bundesregierung zur Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG)

PM veröffentlicht am 24.06.2025 auf https://www.bufas.net/

Diskriminierung abbauen, Rechte stärken – Anforderungen an ein zeitgemäßes ProstSchG!

Von 2022 – 2025 wurde das ProstSchG im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Jugend, Frauen und Soziales vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) evaluiert.

Schon vor dem Inkrafttreten 2017 gab es erhebliche Kritik an dem Gesetz: Fachverbände wie Amnesty International, die Deutsche Aidshilfe, Diakonie Deutschland, der Deutsche Juristinnenbund, der Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD e.V.), bufaS e.V. und viele mehr warnten, das Gesetz verfehle die Idee des Schutzes und weite eher die Pflichten, das Stigma und die Diskriminierung der Betreffenden aus.

Im Verlauf der Evaluation mussten wir als bundesweiter Fachverband mit über 30 Fachberatungsstellen feststellen, dass in öffentlichen Debatten, Medienberichten, Talkshows sowie von selbsternannten Initiativen immer wieder eine problematische Vermischung von selbstbestimmter Sexarbeit und strafrechtlich relevanter Ausbeutung oder Zwangsprostitution stattfindet. Diese Vermischung verzerrt die Realität und Heterogenität, führt zu Pauschalisierungen und trägt zur Unsichtbarmachung der tatsächlichen Lebensrealitäten von Sexarbeitenden bei.

Heute am 24. Juni wurde nun die Evaluation von der Bundesregierung veröffentlicht. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich in dieser für einen stärken- und rechtsbasierten Ansatz ausgesprochen wird sowie Empfehlungen formuliert werden, die sich auf die Anerkennung von Sexarbeit als Arbeit ausrichten, während auf niedrigschwellige Beratung, Vertrauen, Freiwilligkeit und Schutz gesetzt werden sollte.

Eine mögliche Kriminalisierung der Kundschaft, wie sie auch in Deutschland immer wieder diskutiert wird, spiegelt in der Evaluation hingegen keine Empfehlung wider. Das ist nicht überraschend, denn auch wir machen seit jeher darauf aufmerksam, dass ein solches Vergütungsverbot u.a. zur Isolation und weiteren Stigmatisierung von Sexarbeitenden führt und im Widerspruch zu den oben formulierten Empfehlungen steht.

Sexarbeit ist für die meisten Menschen nicht sichtbar. Folglich besteht kaum Wissen darüber, wie Sexarbeitende leben, wie sie arbeiten, wer sie sind. Das und eine moralische Vorverurteilung können den Raum für diskriminierende Perspektiven und Marginalisierung erhöhen. Vor diesem Hintergrund wird in der Evaluation die Empfehlung gegeben, die finanzielle Förderung von aufklärenden Maßnahmen zu prüfen, welche die gesellschaftliche Anerkennung zentralisieren und die vielfältigen Diskriminierungen von Sexarbeitenden im Alltag entgegenwirken. Dem pflichten wir umfänglich bei, da es ohnehin bereits Bestandteil unserer täglichen Arbeit ist.

Nicht zuletzt besteht nach dem Grundgesetz eine Berufsfreiheit: Einige Menschen entscheiden sich freiwillig und selbstbestimmt für eine Tätigkeit in der Sexarbeit, so wie sich andere für einen anderen Beruf entscheiden. Wenn in einem Bereich Missstände und nicht akzeptable Arbeitsbedingungen vorliegen, dann gilt es, diese zu verbessern.

Genauso sollte es Sexarbeitenden ermöglicht werden, auf Wunsch eine berufliche Umorientierung anzustreben. Wo hingegen Zwang, Gewalt oder Ausbeutung vorliegen, muss entschieden und wirksam eingegriffen werden – mit dem Ziel, die Betroffenen zu schützen und die Verursachenden zu bestrafen.

Im Kern geht es dabei immer um Gerechtigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und den Schutz von Arbeits- und Menschenrechten. Rechte statt Pflichten – Teilhabe statt Ausgrenzung!

Maike van Ackern, Vorstandsvorsitzende des bufaS e.V. betont: „Sexarbeit verdient den gleichen Respekt und die gleichen Rechte wie jede andere Tätigkeit. Die Selbstbestimmung der Sexarbeitenden muss im Mittelpunkt stehen, damit sie ihre Arbeit sicher und frei von Diskriminierung ausüben können. Dabei ist klar: Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ist bereits strafbar und muss konsequent verfolgt werden – doch er darf nicht mit selbstbestimmter Sexarbeit gleichgesetzt werden. Im Rahmen der aktuellen Evaluierung des Prostituiertenschutzgesetzes muss daher sichergestellt werden, dass nicht weitere Hürden und Repressionen geschaffen werden, sondern dass Rechte, Schutz und Teilhabe der Sexarbeitenden gestärkt werden. Es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft und insbesondere die Politik ihre Verantwortung wahrnimmt!“

 Wir fordern daher, das ProstSchG insofern zu reformieren, dass

  • es sich gegen Diskriminierung und Bevormundung und für mehr Rechte von Sexarbeitenden ausspricht
  • es zum Schutz der Sexarbeitenden umgesetzt wird
  • bei Gesetzesänderungen Sexarbeitende einbezogen werden. Ein alternativer Gesetzentwurf liegt bereits von SMART Berlin vor: https://smart-org/ressourcen/sexarbeitsgesetz-sag/
  • die nicht intendierten negativen Folgen berücksichtigt werden
  • der stigmatisierende Prostitutionsausweis ersatzlos abgeschafft wird
  • die jährlich verpflichtende Gesundheits- und allgemeine Beratung durch eine niedrigschwellige und freiwillige Beratung ersetzt sowie die mobile Beratung ausgebaut wird
  • dass Kund*innen in das Gesetz einbezogen werden
  • Zugangsbarrieren zur gesetzlichen Krankenversicherung abgebaut werden
  • Fachberatungsstellen bundesweit auskömmlich finanziert werden und ihre Arbeit einheitlichen Standards unterliegt

Der Vorstand bufaS e.V.

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