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Redebeitrag 8. März 2021

Wir brauchen Rechte, keine Rettung!

Der 8. März ist kein Tag zum Feiern. Es ist ein Protesttag.
Ein Tag, den wir nutzen um auf strukturelle Ungleichbehandlung, Diskriminierung und Repression aufmerksam zu machen.
Ein Tag an dem wir, Sexarbeiter*innen, migrantisierte und rassifizierte Menschen sowie alle, die sich mit uns darin verbünden, für eine Welt ohne Doppelmoral, Paternalismus, Sexismus, Rassismus, Ableismus, Klassismus und menschenunwürdige Verhältnisse kämpfen.
Der 8. März ist kein Feiertag, an dem wir uns mit Rosen zufrieden geben.
Es ist ein feministischer Kampftag für das Recht auf selbstbestimmtes Leben und Arbeiten. Das Recht darauf selbst über unsere Körper zu bestimmen.

Sexarbeiter*innen sind Teil feministischer Kämpfe
Der Staat maßt sich an über uns zu bestimmen, uns zu sagen was gut für uns ist und was wir brauchen um Schutz vor Ausbeutung und Gewalt zu erfahren. Und dieses, ohne unsere Expertise und Argumente in Betracht zu ziehen. Wir wissen selbst am besten was gut für uns ist und was uns schadet.
Und was uns schadet sind Exklusion, Doppelmoral und systematische Diskriminierung, Kriminalisierung und Entrechtung.
Was uns schadet sind Entsolidarisierung mit unseren Kämpfen innerhalb der feministischen Linken und die Auferlegung von Arbeitsverboten vonseiten des Staates ohne finanzielle Hilfen für migrantisierte und nicht-registrierte Sexarbeiter*innen.  
Was uns schadet, sind Sondergesetze wie das sogenannte "ProstituiertenSCHUTZgesetz".  Durch den allgemeinen Registrierungszwang werden wir in die Illegalität vertrieben und schlechten Arbeitsbedingungen ausgesetzt.
Wenn wir Zuhause arbeiten, wo wir uns geschützt fühlen und wo wir ein Sicherheitskonzept für uns bereitstellen können, verlieren wir das Recht auf Privatsphäre und unsere Wohnungen können ohne Angaben von Gründen jederzeit von der Polizei durchsucht werden.
Sexarbeit ist als körpernahe Dienstleistung nun seit fast einem Jahr bis auf wenige Wochen in Berlin verboten. Die Unterstützung des Staates schließt häufig besonders marginalisierte Sexarbeiter*innen aus.

Sexarbeit ist Arbeit und verdient es als solche in der Gesellschaft und im Feminismus Anerkennung zu finden
Forderungen nach einer schwedischen Kund*innenkriminalisierung sind fatal und ignorieren sämtliche Daten aus zahlreichen Ländern, die den Misserfolg dieses „Modells“ bereits belegen. Sämtliche Expert*innen der Sexarbeit sprechen sich gegen solche Maßnahmen aus!
Wir brauchen keine Kriminalisierung und Repression, sondern die gleichen Arbeitsrechte und die gleiche Anerkennung unserer Arbeitsleistungen wie alle anderen Berufstätigen.

Sexarbeiter*innen sind Fachexpert*innen
Denn Sexarbeit oder Prostitution ist nicht mit Zwangsprostitution gleichzusetzen. Menschenhandel und Ausbeutung sind Verbrechen!  
Es sind Verbrechen, die auch in anderen Bereichen wie der Gastronomie oder Fleischproduktion stattfinden, in denen vorwiegend migrantisierte und arme Menschen arbeiten.
Das Problem heißt Kapitalismus, Armut, institutionalisierte Diskriminierung, restriktive und rassistische Migrationspolitik.
Wenn kriminelle Auswüchse tatsächlich bekämpft werden sollen, müssen die Rechte von ALLEN Arbeiter*innen gestärkt und NICHT illegalisiert und kontrolliert werden.
Daher fordern wir:

  • Gleichstellung von Sexarbeit mit anderen Jobs - weg mit allen Sondergesetzen wie dem Prostituiertenschutzgesetz
  • unkomplizierte Unterstützung für ALLE Selbstständigen in Corona-Zeiten - auch für Sexarbeiter*innen ohne Registrierung & Anmeldung in Deutschland
  • Unterstützung VON und Solidarität MIT trans* Sexarbeiter*innen
  • Berufserlaubnis ohne Hurenausweis, Schikanen, racial profiling und Polizeigewalt
  • Das Recht auf Arbeit und Arbeitsschutz
  • Das Recht auf Krankenschutz und staatliche Hilfen bei Arbeitsausfall
  • Keine Isolierung durch Sperrbezirke
  • Partizipation statt Bevormundung

Und das alles nicht nur am 8. März, sondern an allen 365 Tagen im Jahr!

Sexarbeit ist Arbeit!

Arbeiter*innenrechte sind Sexarbeiter*innenrechte!

Sexarbeiter*innenrechte sind Menschenrechte!

Redebeitrag zum feministischen Kampftag